Reisedoktor

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Franz Roitner

Schottland: Im Inverewe Garden

Das Einfahrtsschild zum Inverewe Garden begrüßt mich und lotst mich zum richtigen Parkplatz. Ordnung muss sein. In der Ausfahrtsrichtung schluckt ein Riesentrichter jeglichen Müll, den man gerade zur Hand hat.

Das Eintrittsticket ist verhältnismäßig teuer. Als Zusatzverkauf wird Smidge, ein Mittel gegen die lästigen Hochlandmücken angepriesen. Eine Stunde später weiß ich warum. Der Garten ist wunderschön am Meer angelegt und der warme Golfstrom lässt hier sogar Palmen gedeihen. Der Duft der unterschiedlichen Blumen liegt in der mildwarmen Luft. Ich spaziere durch die Anlage und mache ein botanische Reise um die Welt.

Ich raste auf einer kleinen Holzbank mit Blick auf das Meer. Binnen kurzer Zeit bin ich von einer 10-köpfigen deutschen Reisebusgruppe umgeben. Die Rucksäcke voll beladen, die hohen Bergschuhe fest verschnürt. Ein Paar ist mit Wanderstöcken ausgerüstet. Die Trinkflaschen hängen um die Schultern. Safarihüte dürfen natürlich auch nicht fehlen. Was ist den hier los? Wer will den hier auf Expedition gehen?

Es beginnt eine Diskussion, in welche Richtung denn der Weg zurück zum Eingang geht. In 25 Minuten muss man beim Bus zurück sein. Die kleine Gruppe entscheidet sich für einen Weg direkt durch den Wald. Der führt nirgendwo hin, ich will mich aber nicht einmischen. Zwei Minuten später sind wieder alle retour und kommen auch zu der Erkenntnis. Der schöne Schotterweg scheint doch die bessere Wahl zu sein.

Mein Stellplatz heute Abend liegt wieder abseits jeglicher Zivilisation, neben einer kaum befahrenen Straße. Mit Sonnenuntergang verschwinden die letzten Autos auf der Straße. Ich will noch einen kurzen Spaziergang unternehmen. Die Mücken fallen aber sofort über mich her und beißen mich im Gesicht und an den Händen.

Ich fliehe zurück ins Wohnmobil und nehme dabei noch gleich einen Schwarm dieser winzigen, kaum einen Millimeter großen, schwarzen Biester mit. Mit dem Spray bewaffnet gehe ich in den Angriff über. Das hilft. Nach dem etwas zehnminütigen Kampf ist kein Mücke mehr am Leben. Alle Fenster sind nun mit dem Mückenspray verklebt. Darauf befinden sich die vielen kleinen schwarzen erledigten Insekten. Ein grausamer Anblick. Ich muss mir eine bessere und friedlichere Methode ausdenken.

Schottland: Auf der Route 500 im Norden Schottlands

Der morgentliche Blick aus meinem Wohnmobil ist traumhaft. Ich parke direkt auf einer Brücke über einen tief ins Land führenden Meeresarm. In der Ferne ragt der der Berg Ben Hope empor. Ein Platz zum Träumen und zum Bleiben. Mit meinem roten Plastikhäferl mit heißen Earl Grey in der linken und ein paar Schokokekse in der rechten Hand starre ich auf das spiegelnde Wasser.

Ben Hope - Stellplatz am Wasser

Weiter geht es auf der Route 500 entlang der schottischen Nordküste. Große Straßenabschnitte sind nur einspurig befahrbar. Abwechselnd befinden sich links und rechts etwa alle hundert Meter eine Ausweichstelle, die als „Passing Point“ mit einem Schild gekennzeichnet sind. Es entsteht ein regelrechter Wettbewerb, wer früher dem entgegenkommenden Auto oder Wohnmobil ausweicht. Mit einem kurzen Handgruß bedankt man sich beim Wartenden. Die Stimmung auf der Straße ist sehr entspannt und freundlich.

Straße Route 500 in Schottland Straße in Schottland

Immer wieder tauchen menschenleere Buchten mit zauberhaften Sandstränden auf.

Nordküste von Schottland
Route 500 in Schottland

 

Kurz vor Ardvreck Castle, etwas neben der Straße, ist rechts ein kleiner Parkplatz. Es dauert ein paar Minuten bis ich das Wohnmobil so abgestellt habe, bis mein Bett schön in der Waagrechten ist. Wasserwaage habe ich keine mit, aber eine fünf Liter Wasserflasche erfüllt den gleichen Zweck.

Camping Ardvreck Castle

Durch die Windschutzscheibe habe ich vom Wohnzimmer aus die alte Burg in Sichtweite. Das Ardvreck Castle ist keine großartige Burg, es besteht eigentlich nur mehr aus ein paar alten Mauern. Diese fügen sich gut in die karge grün-braune Landschaft. Ich bleibe der Einzige, der heute hier übernachtet. Die meisten Wohnmobilfahrer steuern am Abend lieber einen Campingplatz an. Sehr gut, so habe ich den Platz für mich alleine.

Ardvreck Castle

Schottland: Die Stacks of Duncansby

Das helle Morgenlicht scheint heute bereits durch meine Dachluke. Mein Rücken schmerzt wieder einmal von der Nacht auf der Nichtmatratze. Wenigstens ist der starke Wind vorbei. In der Nacht habe ich lange überlegt ab welcher Windgeschwindigkeit so ein Wohnmobil umfällt. Hier wäre es doppelt blöd. Nicht weit vom Parkplatz gehen die Klippen steil abwärts in die kalte Nordsee.

Wohnmobil in Irland Leuchtturm in Irland

Meine subjektive Wahrnehmung war sicher stärker als die tatsächliche Windstärke. Gut, jetzt ist alles vorbei, ich steige aus dem Fahrzeug. Die Morgensonne zeigt ihr freundlichstes Gesicht. Der starke Wind bläst mir um die Ohren, mache mich trotzdem zu Fuß auf den Weg zu den Stacks of Duncansby.

Duncansby in Irland

In der engen tiefen Schlucht linkerhand nisten ein paar Möwen. Die brütenden Weibchen haben Hunger. Die Männchen segeln mit der Beute zu deren Liebsten und reichen die Beute von Schnabel zu Schnabel.

Irland Möwen

Ich sehe nun schon aus der Ferne die alleinstehenden Felsnadeln aus dem Meer emporragen. Ich denke an die 12 Aposteln auf der Great Ocean Road in Australien. Dort war ich auch noch nicht, ja nicht einmal ein Puzzle hatte ich davon. Ein Bild davon sollte aber jeder Reiseinteressierte bei dem Namen vor Augen haben.

Stacks of Duncansby

Ein paar Möwen kreisen am Himmel, ein paar fette Schafe grasen hinter mir, ansonsten bin ich ganz alleine. Ich lausche den Geräuschen in meiner Umgebung. Das ferne Rauschen der Wellen wird nur durch den Klang des Windes überdeckt. Ich drehe mich um, zwei Regenbogen wünschen mir einen guten Morgen. Dieser Tag kann kein schlechter werden.

Irland Regenbogen Steilklippe in Irland