Reisedoktor

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Franz Roitner

Costa Rica: Wenn dir ein Waschbär vors Bett scheißt

Mein Bungalow in der Nicuesa Lodge ist an drei Seiten offen. Wie schon erwähnt kann man die Terrassentüren schließen, aber wenn ich die Möglichkeit habe mitten im Regenwald zu übernachten, dann will ich das auch voll und ganz genießen. Am Ankunftstag beziehe ich mein Zimmer und lasse den Bungalow komplett offen zurück. Der Weg führt mich auf ein Bier zur Bar. Kurz darauf kommt der Rezeptionist zu mir. Er hat die Türen zu meinem Bungalow geschlossen.

Nicuesa Lodge Cabin

Ein Waschbär war auf Besuch und hat sich Essbares geholt. Ich überlege, was ich an Naschereien noch im Gepäck haben könnte. Na klar! Ich verreise fast nie ohne einer Grundausstattung Mannerschnitten. Wenn ich nach zwei Wochen keine Spiegeleier zum Frühstück mehr sehen kann, dann hole ich mir eine Packung und mache zwischendurch mal einen Morgen eine „Mannerdiät“. Also auf zum Bungalow, mal sehen was da so passiert ist.

Da steht doch glatt der Waschbär vor der Terrasse und versucht nochmals ins Zimmer zu kommen. Er entdeckt mich, wir blicken uns in die Augen und er schleicht sich davon. Das schlechte Gewissen scheint ihn erfasst zu haben.

Waschbär Nicuesa Lodge

Mein Handgepäck liegt am Zimmerboden und der gesamte Inhalt liegt verstreut herum. Jetzt hat mir dieses Vieh die letzte Packung Manner aus meinem kleinen Rucksack gestohlen. Im Bungalow gibt es eine verschließbare Plastikbox zur Aufbewahrung von Lebensmittel. Solche Überfälle kommen anscheinend öfters vor und die Warnung beim Check-in habe ich irgendwie überhört. Ich durchwühle mein Gepäck und finde noch eine Dose Erdnüsse und ein paar Müsliriegel.

Beides kommt in die Box. Meine Whiskyflasche verstaue ich zur Sicherheit auch darin. Ich weiß ja nicht was die Waschbären in Costa Rica so konsumieren. Während ich dann gemütlich auf meiner Terrasse sitze, kommt der Waschbär zurück und wäscht sich vor meinen Augen seine Pfoten in dem kleinen Bächlein. Was will er mir damit sagen? Ich wasche meine Hände in Unschuld? Die Mannerschnitten waren ganz schön bröselig?

Nicuesa Rainforest Cabin Waschbär Costa Rica

Am zweiten Tag fast die gleiche Szene. Ich kehre zum Bungalow zurück und ich glaube meine Augen nicht. Hat doch tatsächlich der Waschbär die Plastikbox vom Regal geholt. Mitgeflogen sind meine Fotoausrüstung und meine Reiseführer, die ich auf die Box legte. Mein kleiner Rucksack der daneben stand, liegt ebenfalls am Boden. Der Rucksack wurde fein säuberlich ausgeräumt. Zum Glück trinkt der Waschbär keinen Alkohol, der Whisky ist noch da. Vom Müsliriegel finde ich noch die Plastikverpackung, die Dose Erdnüsse liegt unter dem Bett. Bissspuren finde ich am Deckel, aber die Dose konnte er nicht knacken.

Mein Handy liegt am Nachtkästchen, auf dem Display: Ein Pfotenabdruck!  Steigt der doch tatsächlich auf mein Mobiltelefon. Wollte er ein Selfie machen? Mehr Mannerschnitten anfordern? Eine Aufnahme ist dann doch nicht sichtbar, meinen 4stelligen Code konnte er nicht knacken. Diesem Tier traue ich fast alles zu. Und trotzdem mache ich mir Sorgen. Hoffentlich bekommt er nicht Bauchweh von dem Naschzeug. Gesehen habe ich ihn an diesem Tag nicht mehr.

Waschbär am Zimmer Waschbär Abdrücke

Essbares habe ich jetzt nicht mehr am Zimmer, das war es dann wohl mit dem Waschbärbesuch. Die Türen zu meinem Bungalow lasse ich in der Nacht offen. Ein schönes Gefühl. Nur mit einem Moskitonetz vom Dschungel getrennt zu sein. Die ganze Nacht über höre ich Geräusche. Der Regenwald schläft nicht. Ich schlafe auch nicht besonders gut und stehe bei Sonnenaufgang auf. Vor dem Bett, ein Häufchen Scheiße.

Jetzt hat mir der Waschbär heute Nacht doch tatsächlich direkt vor das Bett geschissen. War das sein Ärger, dass ich kein Futter mehr für ihn habe? Ich glaube eher, das war ein Dankeschön für die köstliche Nahrung. So gehen wir beide doch noch in Frieden auseinander. PS: am Flughafen finde ich dann noch dieses T-Shirt 😉

T-Shirt Costa Rica

Costa Rica: Nachtspaziergang bei der Nicuesa Lodge

Alle guten Dinge sind drei und so breche ich heute Abend nochmals mit einer kleiner Gruppe und dem Guide José zu einem Nachtspaziergang auf. Ich befürchte das allerschlimmste. Nicht wegen der möglichen Tierbegegnungen, sondern wegen der anderen Gäste. Drei amerikanische Ehepaare sind bei der Tour dabei. Schon beim Abendessen (in der Nicuesa Lodge speist man an einem großen gemeinsamen Tisch) kommen mir Bedenken.

Mond Costa Rica

Ich nenne sie mal Lizzy, eine der Ehefrauen so um die 55 Jahre. Völlig aufgedreht und nervös fragt sie José, ob wir hoffentlich keine Schlangen sehen werden, denn sie fürchtet sich davor. Ich möchte gerne Schlangen sehen, deswegen bin ich im Regenwald in der Nacht unterwegs. Und Socken, Lizzy hat keine Socken mit, das ist ihr größtes Problem, und ohne Socken kann sie in den von der Lodge bereitgestellten Gummistiefeln nicht gehen. Die Wege sind derzeit sehr matschig und ich greife gerne auf das Gummistiefelangebot zurück. Lizzy trägt ein hellgrünes Sommerkleid und hat jede Menge Armreifen, Ringe, Ohrstecker und Halsketten.  Ich trage Zipphose und ein beiges unauffälliges Funktions T-Shirt. So richtig passt Lizzy nicht in den Regenwald. Mit ihrer lautet schrillen Stimme übertönt sie jedes Tischgespräch. Hoffentlich kommt Lizzy nicht mit auf die Tour. Sie überlegt zwar hin und her, geht aber trotzdem mit, ihr Mann bleibt zurück, der trinkt lieber einen Rum an der Hotelbar.

Tausendfüssler Heuschrecke

Wir starten in die Nacht. Gleich hinter der Lodge treffen wir auf die erste Kröte. „Oh my honey, your so sweet,“ kreischt Lizzy durch den Regenwald. Ich versuche in Ruhe zu fotografieren und hoffe der Frosch ergreift nicht die Flucht. Ich an seiner Stelle hätte es getan. Ein Opossum aus der Familie der Beutelratten sitzt auf einem Baum und scheint von unseren Taschenlampen irritiert zu sein. Noch nie habe ich ein Opossum gesehen. Ich freue mich über die Tiersichtung. Lizzy beeindruckt das nicht sonderlich und beginnt zu singen. Die anderen Amerikanerinnen stimmen mit ein. Eigentlich sollten wir durch den Wald schleichen, damit wir keine Tiere verscheuchen. Lizzy singt sich wahrscheinlich die Angst aus dem Leib.

Opossum Kröte

Wow, direkt neben dem Weg sitzt eine junge Greifschanz-Lanzenotter in einer Astgabel. Ich wage mich auf 50 cm an das Tier heran. Diese Schlangenart ist hochgiftig, der Mensch ist aber kein direkter Feind und so ignoriert sie uns. Man sollte nur nicht das Pech haben und diese Vipernart aus Versehen beim Wandern durch den Regenwald anstreifen oder sie erschrecken. Die Schlagen sind gut getarnt und hängen oft versteckt an Pflanzen. Das kann böse ausgehen. Lizzy steht jetzt schweigend daneben. Das Singen ist ihr vergangen und sie will nach ein paar weiteren Minuten zur Lodge umkehren. Ist wohl doch kein Disneyland hier.

Lanzenotter Costa Rica

So sehr habe ich mich auf diesen Nachtspaziergang gefreut und nun bricht José die Tour wegen Lizzy ab. Was macht jemand im Regenwald, wenn man sich überhaupt nicht für die Tierwelt interessiert, frage ich mich. Die Gruppe kehrt um. Ich bin so verärgert und bleibe alleine zurück.

Spinne Kakerlake

Den Weg finde ich alleine und eine Taschenlampe habe ich ja mit. In aller Ruhe leuchte ich mich von Blatt zu Blatt, von Baum zu Baum zurück. Es raschelt überall. Ich erschrecke. Das Opossum läuft mir plötzlich über den Weg. Es erschrickt ebenfalls. Ich fotografiere noch Spinnen und Insekten. Nach einer halben Stunde kommt mir José aufgeregt entgegen. Besucher alleine in der Nacht im Regenwald, das geht gar nicht. Für mich waren es jetzt besonders aufregende 30 Minuten, dank Lizzy.

Frosch bei Nacht

Costa Rica: Mit dem Kajak durch den Mangrovenwald

Vom Kajakfahren am gestrigen Tag war ich so begeistert, dass ich heute an einer Bootstour zum Mangrovenwald teilnehme. Zuerst fahren wir mit dem Motorboot zum Rio Esquinas. Hier mischt sich das Fluss- mit dem Meerwasser, und hier ist die Heimat der Mangrovenbäume. Vom Boot aus beobachte ich Reiher, Adler, Pelikane, Ibisse und viele andere Vögel.

Bootsfahrt Costa Rica Krokodil

Am Flussufer wärmen sich Krokodile in der Sonne. Sie sind sehr scheu und verschwinden vor unserem Boot im Wasser. Unfälle zwischen Menschen und Krokodilen gibt es hier nicht, das behauptet zumindest mein Guide José.

Krokodil Costa Rica

Wir sind sehr früh gestartet, denn wir müssen bei beginnender Flut den Flusslauf hinauffahren. Frühstück gibt es an Board. Die frische Luft und die Erlebnisse machen hungrig und das Fladenbrot gefüllt mit Eierspeise schmeckt köstlich. Wir wechseln auf die Kajaks und ich lasse mich mit der Flussströmung wieder in Richtung Meer treiben. Das macht Spaß, ohne viel paddeln zu müssen, treibe ich dem Ufer entlang.

Kajak Costa Rica

Nach einer Weile biegen wir links ab. Ich folge José in den Mangrovenwald. Ich tauche in eine komplett andere Welt ein. Die Bäume stehen mit weit gespreizten Wurzeln im Wasser. Kleine Krabben laufen auf den Gehölz herum. Langsam gleite ich mit meinem Kajak zwischen den Bäumen hindurch. Es ist still, vollkommen still. Ich höre auch keine Vögel, nur das Geräusch der Paddel. „Pura vida“, sagt José, „pura vida“ antworte ich.

Kajak Mangrovenwald Mangrovenwald